Die letzten sind die wahren Sieger, oder werden es später.

!!! Für Sportler mit schwachen Nerven oder geringer Überzeugung ist das Lesen dieses Artikels nicht zu empfehlen !!!

 

Ein rießiger Dank geht an die Organisatoren und zahlreichen Helfer des Vorpommern Duathlons. Ihr habt heute mit Eurem Einsatz, Eurer Zeit und Eurer Geduld im Umgang mit allen Widrigkeiten (Genehmigungen u.s.w.) dafür gesorgt, dass zahlreiche Sportfreunde, Sportanfänger, Gegner, Überredete und weitere ihre Sucht und Bedürfnisse zur Genüge befriedigen konnten.

 

Die Vorfreude:

Sie begann als ich vor 3 Tagen von der Familie das Grüne Licht bekam: „Du darfst beim Vorpommern Duathlon starten“ und fand heute um 5:30 Uhr ihren Höhepunkt, als ich von meinem Jüngsten geweckt wurde und aus dem Fenster sah: „Heute wird ein großartiger Tag.“. Die Sonne schien zum Wintergarten herein, die Beine fühlten sich locker an und die Trinkflaschen standen gefüllt bereit. In aller Akribie und mit viel Liebe wurden sie schon am Vorabend gefüllt (pro Liter grünen Tee 80g Maltodextrin 12, und 1g Kochsalz). Vom Nachbarn wurde ich schließlich beobachtet, wie ich nach wettkampftypischem Frühstück mit Honigbrötchen (aber ja ohne Butter) nervös um das fertig beladene Auto schlich, und auf den Rest der kleinen Familie wartete.

 

Verletzungspech:

In Greifswald stiegen 2 weitere Sportverrückte zu, welche gern selber starten wollten, denen das harte Training der letzten Wochen und Monate aber verletzungsbedingt einen Strich durch die Rechnung machte. Zum Zusehen verdammt engagierten sie sich als Helfer. Als Sportsüchtiger weiß ich, was das bedeutet:

—Anderen dabei zusehen, wie Endorphine ausgeschüttet werden, der Schweiß auf die Stirn steigt und am Ende der Stolz überwiegt wieder seine Grenze getestet oder verschoben zu haben.—

 

Das Verlangen:

Am Parkplatz angekommen fällt man in den für Außenstehende undankbaren „Wettkampfmodus“. Jetzt zählt man nur noch selber. Die Kinder schlafen oder schreien? Solln andere sich kümmern. Zielstrebig wie ein Junkie wird nur noch der gesteckte Plan verfolgt. Die Droge muss her. Das Verlangen nach dem Startschuss steigt. Ein bisweilen warmes, mal angenehmes, mal unangenehmes, manchmal schwaches Gefühl steigt schwallartig in Beine und Bauch. Nur der Start kann diese beenden.

 

Die Erfüllung:

Eine gute Position an der Linie finden. Der Startschuss fällt. Komisch, heute geht es sehr kontrolliert los. Der Plan und das übliche Tiefstapeln zunächst sein eigenes Tempo zu laufen wird auf Eis gelegt, schließlich hegt man nun doch die Hoffnung auf die größte Erfüllung die sich ein Sportler vorstellen kann: Eine Platzierung. Nach diesem Hoch kommt das erste Tief, man muss reißen lassen. Die anderen sind einfach nicht zu halten. An der Eisdiele vorbeilaufend höre ich nur ein „Miam, lecker.“ und dann „Das würde ich mir ja nicht antun.“ Recht habt ihr: Duathlon ist ein verdammt harter Weg sich zu befriedigen und die schönste Disziplin des Triathlons fehlt. Der Wechsel auf das Rad kommt genau richtig. Der Plattenweg lenkt von den ersten Muskelzuckungen ab und gibt dank ängstlichem Vorausfahrendem Zeit zum Erholen. Der Wind steht steil von vorn. Hochschalten. Jetzt läuft es. Mit hämischen Grinsen wird einer überholt: „Wäre er mal lieber langsamer gelaufen“. Nur der Gegenwind macht die vorgenommene 40 auf dem Tacho unmöglich. Am Wendepunkt die Erlösung. Dank Rückenwind geht es selbst bergauf schnell voran. Der erste Muskel zuckt. Komisch, tut weh, aber löst ein unheimliches Glücksgefühl aus. Ich bin an der Grenze, genau da wo ich hin wollte. Jetzt nur nicht drüber. Doch am Wendepunkt warten welche, die es zu Beeindrucken gilt. Die Folge: Es zuckt wieder. Es folgt der nächste Wechsel zum Laufen, ein Auf und Ab der Kräfte und der Motivation. Schließlich sehnt man sich nach der Zielgeraden.

 

Zufriedenheit:

Heute steht ein glücklicher 4. Platz auf der Urkunde. Keine Platzierung, aber ein Glücksgefühl, gefühlte Leichtigkeit und die Gewissheit wiedereinmal auf einer Grenze balanciert zu sein.

 

Ernüchterung:

Mit dieser Zufriedenheit liegen wir am Nachmittag noch im Garten in der Sonne und meine Partnerin sorgt für die nötige Ernüchterung indem sie über folgende Studienergebnisse berichtet:

Sportler leben länger. Aber nur, wenn sie 2-4h Sport in der Woche treiben. Und das Schlimmste: In moderatem Tempo. Schnell nachgehakt: „Und was ist darüber bzw. bei hoher Intensität?“. Bis 7h hebt sich der Effekt langsam wieder auf. Über 7h Training lebt man genauso lang wie Nichtsportler. Gute Platzierung = Nichtsportler

Zur Entwarnung kann ich zu meinem Glück und dem der vor mir Platzierten das Folgende berichten: Auch nach längerer Recherche finde ich keine haltbaren Daten die eine Übersterblichkeit von Vieltrainierern bzw. Profis belegen.

 

Fazit:

Alle die heute nach mir gefinisht haben, haben somit statistisch gesehen die größere Wahrscheinlichkeit länger zu Leben und ihr Glücksgefühl, düfte kaum geringer ausgefallen sein.

 

SPORT FREI

 

[Autor: Stefan Wegner]

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